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KAPITEL 7
Tegel und seine Verkehrsmittel

Klappernde Pferdehufe statt Motorengeräusch und Fußspuren im Sand – wo heute die dichten Häuserreihen der Berliner Straße stehen, streicht vor Hunderten von Jahren der Wind über freies oder bewaldetes Gelände.

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Klappernde Pferdehufe statt Motorengeräusch und Fußspuren im Sand – wo heute die dichten Häuserreihen der Berliner Straße stehen, streicht vor Hunderten von Jahren der Wind über freies oder bewaldetes Gelände. Tegel ist winzig klein und Berlin unendlich fern. Kein Klang der Neuzeit dringt in diese Einsamkeit.

Die Postkutsche ist das einzige Verkehrsmittel, mit dem man in die entfernte Stadt kommt. Sie ist auf der Fernverkehrsstraße von Berlin nach Hamburg unterwegs und benötigt im Jahr 1784 noch 60 Stunden. An fünf Tagen pro Woche passiert sie das Dorf Tegel und macht Halt am „Neuen Krug“, heute „Alter Fritz“.

Bis 1858 ist Tegel mit seinen zehn Gehöften und 31 Wohngebäuden ein kleines Dorf, das nur 296 Einwohner zählt. Bauern fahren mit Pferde- und Ochsenkarren auf dem Knüppeldamm, der heutigen Scharnweberstraße, zum Gendarmenmarkt in Berlin, um ihre Waren zu verkaufen.

Landbriefträger Lucke auf dem Tegeler See
Zeichnung von Willy Stöve, 1889

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Im Winter bringt der Landbriefträger Lucke den Tegelern über den vereisten See die Post mit einem Piekschlitten zu den Bewohnern, andere bringen die um die Hüften geschnallten Postsendungen auf Schlittschuhen über spiegelglatte Eisflächen zu den Zustellorten.

In den 1850er Jahren verkehrten privat betriebene Pferdeomnibusse von Berlin nach Tegel, um die Berliner Ausflügler zum Tegeler See mit ihren Lokalen und Badestellen zu bringen. Hinzu kommt der Pferdeomnibus, der von Neu-Ruppin und Cremmen aus über Tegel nach Berlin fährt.

Schon 1875 ist Tegel auf über 1200 Einwohner angewachsen, und die Grundbesitzer Veit, Marzahn, Ziekow und Müller richten gemeinsam eine Omnibuslinie in den Wedding ein.

Außerdem gibt es eine regelmäßige Dampferverbindung von Tegel über Saatwinkel nach Spandau durch die „Spandauer Dampfschiffahrts-Gesellschaft zu Valentinswerder“. Bis heute stechen Schiffe von den Brücken an der Greenwichpromenade in See – doch lediglich für Rundfahrten.

Während die Nordbahn, eine Eisenbahnstrecke von Berlin nach Neu-Brandenburg, 1877 in Hermsdorf in Betrieb genommen wird, müssen sich die Tegeler noch gedulden.

1881 wird die Pferdestraßenbahn vom Chausseehaus in Wedding bis nach Tegel feierlich eröffnet: Am 4. Juni machen sich um 11 Uhr zwei geschmückte Wagen auf die 5,343 Kilometer lange Schienenstrecke, die in nur vier Wochen gebaut worden war. Eine Stunde dauert die 40 Pfennig teure Fahrt; da die Strecke nur eingleisig ist und die sich begegnenden Pferdebahnwagen an den Weichen oft lange aufeinander warten müssen, dauert die Fahrt oft länger.

1898 wird die Pferdebahnstrecke zweigleisig ausgebaut – zur Vorbereitung des elektrischen Betriebs. 1900 wird der Straßenbahnhof in der Schloßstraße eröffnet und die Pferdebahnlinie wird eingestellt. Die durchschnittliche Geschwindigkeit erhöht sich nun von 10 auf 25 Stundenkilometer. Erst fährt die Linie 25 von Tegel bis Berlin/Charlottenstraße, dann die 26 zum Oranienburger Tor und die 31 zum Schlesischen Bahnhof. Ab 1923/24 fährt die Straßenbahn 28 von Tegelort bis nach Britz und die 128 von Heiligensee bis zum Hermannplatz.

Doch ein kleines Stück zurück in die Vergangenheit: 1893 kommt endlich die lang ersehnte Einweihung der so genannten Kachelbahn – der Kremmener Eisenbahn von Velten nach Berlin. Sie wird so genannt, da sie bis nach Velten fährt, wo Kachelwerke angesiedelt sind. Zur Eröffnung am 1. Oktober erscheinen viele Männer mit Spazierstock. Es handelt sich um einen „Universal-Liqueurstock“, der in seinem Inneren zehn Cognacs und ein Glas versteckt hat. Der Likör soll gegen die noch immer herrschende Cholera-Gefahr helfen. Die Züge benötigen vom Nordbahnhof, ehemals Stettiner Bahnhof, bis ins 25,4 Kilometer entfernte Velten 1 Stunde und 20 Minuten. Zwischendrin halten sie natürlich am 1893 mit gelben Ziegelsteinen errichteten Bahnhof Tegel. 1927 wird der elektrische Bahnbetrieb – ab 1930 S-Bahn genannt – auf der Strecke Schönholz-Velten aufgenommen. Unterbrochen wird die S-Bahnverbindung von Heiligensee nach Velten am 13. August 1961 durch den Mauerbau, 1984 wird auch die Strecke nach Heiligensee ebenfalls eingestellt. Erst am 28. Mai 1995 wird der S-Bahn Betrieb zwischen Schönholz und Tegel und 1998 bis Hennigsdorf wieder aufgenommen.

Der Bahnhof wird nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Französische Besatzungsmacht auch als Militärbahnhof genutzt: So halten am Gare Française Berlin-Tegel Züge aus Mainz und aus Straßburg. Mit dem Abzug der französischen Truppen fährt der letzte Militärzug 1994 ab.

Nicht zu vergessen die Verkehrsmittel für den Gütertransport:
Dazu gehören auch die Industriebahn Tegel-Friedrichsfelde direkt am Tegeler Hafen zwischen der Humboldtmühle und dem Nordgraben und die Borsig-Werkbahn. Straßenbahnen werden Busse: Die erste Strecke, die die Allgemeine Berliner Omnibus Aktiengesellschaft 1920 einrichtet, führt vom Bahnhof Tegel über den Hermsdorfer Damm nach Glienicke Nordbahn.

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Straßenbahn in der Treskowstraße 1958
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Es folgen die Linien 35 vom Bahnhof Tegel über Waidmannsluster Damm nach Lübars, und 26 nach Wittenau Nordbahn.

Dann kommt 1933 die BVG ins Spiel – mit den Linien A 26 von Tegel bis Rathaus Spandau, A 25 bis nach Weißensee, A 35 bis nach Lübars und A 14 bis Alt- Reinickendorf. Heute halten in Tegel neun verschiedene Buslinien. In Tegel verkehrt nun probeweise auch ein fahrerloser elektrischer Kleinbus.

Unterirdisch führt seit 1958 ein Weg nach Tegel. Der erste Teil der Berliner U-Bahn wird dem öffentlichen Verkehr bereits am 18. Februar 1902 übergeben, die U-Bahnlinie 6 – ehemals Linie C, lässt als erste Großprofilstrecke in Berlin allerdings noch ein halbes Jahrhundert auf sich warten. Bereits 1919 ist in der Planung auch die Verlängerung der Untergrundbahnlinie Tempelhof – Seestraße bis nach Tegel festgeschrieben. Nachdem die Nachkriegswirren vorüber und die schlimmsten Schäden beseitigt sind, fällt der Senat unter dem Vorsitz ihres Regierenden Bürgermeisters Ernst Reuter am 17. August 1953 die Entscheidung zur Realisierung der U-Bahnlinie in den Norden.
Begonnen wird mit dem Teilstück von der Seestraße bis zum heutigen Kurt-Schumacher-Platz: Am 26. Oktober 1953 wird der erste Stahlträger von der Dampframme versenkt. Der Aushubboden der Tunnelstrecke wird später für die Dammschüttung zwischen Scharnweberstraße und Borsigwerke genutzt. Damit der Straßenbahnverkehr während des U-Bahn-Baus nicht zum Erliegen kommt, sind aufwendige Gleisabfangungen nötig. Am 3. Mai 1956 ist das Teilstück bis zum Kurt-Schumacher-Platz fertig und wird eröffnet. Am 31. Mai 1958 ist es dann soweit: Der Eröffnungszug fährt in Richtung Tegel. 1.000 geladene Ehrengäste erleben das U-Bahn-Spektakel live mit. Nach Ansprachen auf dem Bahnhof Tegel erteilt Berlins Regierender Bürgermeister Willy Brandt mit erhobenem Befehlsstab den Abfahrauftrag. Im Gegenzug wird der Straßenbahnbetrieb eingestellt. Die Bedeutung der U-Bahn-Verlängerung ist so groß, dass sie mit einer „Tegeler Woche“ vom 1. bis 8. Juni 1958 gefeiert wird. Einer der Höhepunkte ist dabei ein Festumzug mit historischem BVG-Autobus-Korso am 1. Juni.
U-Bahnhof Alt-Tegel heute
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Von Tegel in die Welt: Der Flughafen Tegel wird in Notzeiten geplant und gebaut. West-Berlin ist abgeschnitten von der Außenwelt, und die westlichen Besatzungsmächte richten 1948 die Luftbrücke zur Versorgung der Bevölkerung ein. Doch Tempelhof und Gatow reichen nicht mehr – neue Flugkapazitäten sind gefordert. Er entsteht auf dem ehemaligen Schießplatz Tegel.
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Am 5. August 1948 beginnen die Vorarbeiten von 19.000 Berlinerinnen und Berlinern: Es werden Baumstümpfe ausgebuddelt, Böden geebnet und planiert sowie die erste Start- und Landebahn angelegt. Schon drei Monate später, am 5. November, landet das erste Flugzeug, und am 1. Dezember wird der Flughafen Tegel feierlich eröffnet. Der Zivilflughafen öffnet seine Tore zur Welt im Jahr 1960. Ein weiterer Meilenstein ist der Ausbau zum West-Berliner Großflughafen: 1969 erfolgt der erste Spatenstich, ein Jahr später ist Baubeginn und nach einem weiteren Jahr Richtfest. Das bis zuletzt genutzte sechseckige Hauptterminalgebäude wird am 23. Oktober 1974 eingeweiht und am 1. November 1974 eröffnet. Bis zuletzt startet oder landet am Flughafen TXL, der den Beinamen Otto Lilienthal erhielt, zwischen 6 und 23 Uhr durchschnittlich alle zwei Minuten ein Flugzeug, es werden allein 2018 insgesamt 22 Millionen Fluggäste abgefertigt. Gemessen am Passagieraufkommen im Juni 2019 liegt der Airport an vierter Stelle in Deutschland hinter Frankfurt, München und Düsseldorf.
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Doch es gibt keine Zukunft für den City-Airport. Bereits 2012 sollte der TXL schließen, sobald der neue Flughafen im Südosten Berlins Berlin Brandenburg International eröffnet würde. TXL erhält Aufschub vom Ende. Doch die Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens verschiebt sich um Jahre – Tegel hält auch den größten Touristenaufkommen stand.

Mit der Eröffnung des neuen Flughafens BER am 31. Oktober 2020 wird auch die Schließung des Flughafens Tegel besiegelt. Er schließt am 8. November mit dem letzten regulären Linienflug einer Air France-Maschine nach Paris CDG. So schließt sich der Kreis, da der Flughafen Tegel im damaligen Französischen Sektor Berlins mit einem Flug der Air France aus Paris eröffnet wurde.
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